Sommer, Seidla, Bohnakern: Zu Gast auf den fränkischen Bierkellern

Nicht nur an warmen Tagen zieht es in Franken Bierfans in Richtung Keller. Aber nicht etwa, um den Sommer draußen zu halten, sondern um ihn im Freien in vollen Zügen zu genießen: Das „auf den Keller gehen” gehört schließlich zu den schönsten Traditionen der fränkischen Braukultur.

Wie kommen aber die Franken nun zu ihren Sommerkellern? Die Antwort liegt ein paar Jahrhunderte zurück, als es noch keine Möglichkeit gab das Bier in der warmen Jahreszeit kühl zu lagern. Doch gerade beim untergärigen Bier war eine konstant niedrige Temperatur notwendig, damit die Hefe ihren Beitrag zum Bier leisten konnte. Noch war die Erfindung der Kühltechnik durch den in Franken geborenen Carl von Linde weit entfernt. Deshalb  ließen die fränkischen Brauereien vor den Toren ihrer jeweiligen Stadt Felsenkeller im Berg anlegen, um sie als "natürlichen Kühlschrank" zu nutzen.

Kühlschrank der Natur

Bevorzugt wählte man damals Stellen aus, die an Waldhängen lagen und so im Sommer vor der prallen Sonne geschützt waren. Im Winter brachte man zusätzlich Eis in diese künstlichen Höhlen, in denen nun konstant eine Temperatur um die 8 Grad Celsius herrschte. Hierher schafften die Brauereien ihre Bierfässer, um sie den Sommer über zu lagern. Das war natürlich mit einem großen Aufwand verbunden – was lag da näher, als das Bier gleich an Ort und Stelle auszuschenken?

So entstand die Tradition, im Sommer „auf den Keller“ zu gehen und sich ein herrliches Kellerbier schmecken zu lassen.

Bierkeller (Forchheim/Fränkische Schweiz)

Kellerbier und Brotzeit

Zwar ist Bier „flüssiges Brot“, aber ohne eine richtige Kellerbrotzeit wäre ein Besuch nur halb so schön. Zu den klassischen Kellergerichten gehören Brotzeitplatten mit Hausmacherwurst, der Schinkenspezialität „Zwetschgenbaames“ oder dem Käseaufstrich „Gerupfter“. Wer sich etwas Warmes schmecken lassen will, wird mit Haxen und Schäuferla, Makrele vom Buchenholzgrill, „Knöchla“ oder „Bohnakern mit Rauchfleisch und Klöß“ verwöhnt.

Übrigens darf man sich bei vielen Kellern seine Brotzeit auch selbst mitbringen. Diese Tradition liegt in einer königlichen Verordnung aus dem Jahre 1812 begründet. Damals wurde es den Bierkellern verboten, Speisen zu verkaufen, um den Gasthöfen in den Orten nicht die Kundschaft wegzunehmen. Zwar wurde diese Vorschrift schon ein paar Jahre darauf wieder gelockert, der Brauch aber ist geblieben – allerdings sollte man sich vorher beim jeweiligen Keller informieren.

Tipp: Hervorragend lassen sich die urigen fränkischen Bierkeller auf der Bierkeller-Entdeckertour rund um Forchheim in der Fränkischen Schweiz entdecken.

Brotzeit und Kellerbier im Biergarten/Bierkeller St. Georgenbräu (Buttenheim, Fränkische Schweiz)

Ein unterirdisches Bierlabyrinth

Bei der Vielzahl, die es an Brauereien in Franken gibt, wundert es nicht, dass man auch bei den Bierkellern die große Auswahl hat. An einigen Orten aber ist die „Konzentration“ besonders dicht. Zu ihnen zählt ganz klar der Forchheimer Kellerwald: Über 20 Kellerwirtschaften liegen hier nahe beieinander, den Berg durchzieht ein viele Hundert Meter langes Kellersystem. Er ist zudem Schauplatz für das jährliche Annafest, bei dem neben dem besonderen Annafestbier rund 30 verschiedene Biersorten ausgeschenkt werden.

Bei den Erlangern:innen ist es der Burgberg, der mit seinen Bierkellern zu den Institutionen der Braukultur zählt – und das nicht nur während der alljährlich zu Pfingsten stattfindenden Bergkirchweih. Zum sommerlichen Wohnzimmer werden auch die Bamberger Bierkeller, auf denen man zum Kellerbier oft auch einen ausgezeichneten Blick auf das UNESCO-Welterbe Bamberg genießen kann. Und dann sind da noch die vielen „Geheimtipps“ unter den Bierkellern, wie etwa auf dem Kreuzberg bei Hallerndorf oder in Buttenheim.

Bierkeller (Forchheim)

Zur Kegelbahn in der Kellergasse

Eine Besonderheit ist die Kellergasse am Dorfrand von Unterhaid bei Bamberg. 165 Meter wandert man diese Gasse im schattigen Wald bergan: eine kurze Strecke, doch gesäumt von knapp 30 Kellern, die wie Äste von der Gasse abzweigen. Im ausgehenden 18. Jahrhundert begannen die Unterhaider damit, die Keller in den weichen Burgsandstein zu schlagen. Der erste Keller gehörte der hiesigen Brauerei; die vielen weiteren Keller, die im Laufe der Zeit per Hand dem Berg abgerungen wurden, wurden und werden privat genutzt. Zwar gibt es die Unterhaider Brauerei nicht mehr, doch dafür strahlt die ganze Gasse nach einer langjährigen Sanierung in neuem Glanz. So macht man hier nun wieder wie schon vor 200 Jahren eine Landpartie auf den Keller, um sich Bier und Brotzeiten schmecken zu lassen – oder auf der historischen Kegelbahn eine ruhige Kugel zu schieben.

Kellergasse im OT Unterhaid (Oberhaid, Haßberge)
Header-Bild © FrankenTourismus / Holger Leue